Der österreichische Maler Friedrich Schiff

Friedrich Schiff wird 1908 in eine Wiener Familie hineingeboren, welche von Kunst und Humanität geprägt ist. Sein Vater ist ein berühmter Maler, der auch ein offizielles Bild vom österreichischen Kaiser Franz Joseph gemalt hat. Sein Sohn findet schon früh Aufnahme in die Kunstakademie. 1930 entschließt er sich, nach Shanghai zu fahren, da ihn diese Stadt fasziniert. Mit der Zeit wird Schiff der berühmteste in Shanghai lebende Maler. Er ist so bekannt und begehrt, dass Zeitschriften damit werben, neuen Abonnenten ein Set mit Graphiken Schiffs zu schenken.

Schiff malt in Shanghai, Umgebung und Peking alles, was ihm vor Augen kommt – Straßenszenen, Hochzeits- und Begräbnisbräuche, Pekingoper, Handwerker. Er sympathisiert aber auch mit der leidenden chinesischen Bevölkerung. Später schreibt er:

„Will man das Bild dieser Stadt malen, muss man es in den kontrastierenden Farben tun und zu jedem Farbfleck, den man auf die Leinwand setzt, sogleich die Komplementärfarbe fügen.

Denn diese Stadt und das Leben in ihr besteht aus den schärfsten Gegensätzen: Hier stehen Luxusapartmenthäuser mit allen Errungenschaften moderner Technik ausgestattet, mit Zentralheizung und eigenem Schwimmbad, das nur für die Mieter und ihre Gäste reserviert ist. Gleich daneben leben Kulis in primitivsten Behausungen. Unter den Strohdächern der Sampans, der schmalen Wohnboote, die sich zu hunderten am Ufer drängen, werden Menschen geboren und auf dem engen Deck sterben sie ohne je ein anderes Heim gekannt zu haben. In diesem Shanghai leben Menschen in für unsere Begriffe unvorstellbaren Elend und hier gibt es ebenso kaum vorstellbaren Reichtum.“

Schiff setzt diesen sozial so Benachteiligten in seinem Werk ein Denkmal – zeichnet Kulis, Altwarensammlerinnen, Blumenmädchen, Straßenakrobaten, Bettler und Prostituierte. Er hat für die Situation der Chinesen ein mitfühlendes Herz.

Schiff ist sehr vielseitig. Er malt brillante Ölbilder, schwebende Aquarelle von Landschaften ebenso wie die Titelseiten chinesischer Magazine, Buchillustrationen über Shanghai und Peking, die allseits beliebten Postkartenserien aus dem Shanghaier Milieu, für Zeitungen den „Kopf des Tages“ z.B. Hu Shi und Werbegraphik. Vor dem 2. Weltkrieg arrangiert Schiffs Vater Ausstellungen des Sohnes in Wien, welche dem staunenden Publikum die chinesische Welt eröffnen und sehr gut rezensiert werden. Während des Krieges leidet Schiff unter der japanischen Besatzung Shanghais. Von den japanischen Soldaten zeichnet er boshafte Karikaturen. Doch sein spitzer Stift zeigt auch die amerikanischen Befreier nach 1945 nicht immer im besten Licht. 1947 flieht er vor den Wirren des Bürgerkrieges nach Argentinien und wird dort wiederum zum bekanntesten aus dem Ausland kommenden Maler. Er konfrontiert die Argentinier in vielen Ausstellungen mit seinem China und spricht über das Land in vielen Vorträgen. Dafür bekommt er einen ersten Preis des argentinischen Unterrichtsministeriums.

1954 kehrt Schiff nach Österreich zurück weil er sich hier für sein krankes Kind Heilung erhofft. Auch hier bringt er den Menschen in vielen Vorträgen und Artikeln China nahe. Auch künstlerisch lässt ihn China nicht los. In einer Retrospektive malt er in Tuschtechnik an einem großen Chinazyklus, der im Künstlerhaus ausgestellt werden soll. Doch vorher am 23. März 1968 nimmt ihm der Tod den Pinsel aus der Hand.

Sein Ruhm reicht weit über seinen Tod hinaus. In Wien werden einige Ausstellungen veranstaltet, zuletzt 2002 im Wien-Museum. Vorher 1998 schon waren 120 Werke Schiffs an den Ort ihrer Entstehung, nach Shanghai zurückgekehrt. Die Schau in der Shanghaier Bibliothek wurde vom österreichischen Bundesratspräsidenten Alfred Gerstl eröffnet. Zwei vom Autor verfasste Bücher erschienen in chinesischer Sprache. Die Ausstellung in Shanghai wurde vom Altmeister der chinesischen graphischen Kunst Prof. Ding Cong besucht, welcher dem Shanghaier Fernsehen gegenüber die Werke Schiffs besonders lobte. Einige seiner Blätter sind permanent in der historischen Ausstellung unter dem TV Turm zu sehen.

1999 wurde in Wien ein Gedächtnisverein für Friedrich Schiff gegründet, der sich um sein künstlerisches Vermächtnis kümmert. Gemeinsam mit der ÖGCF, dem Außenamt und der Freundschaftsgesellschaft der Stadt Shanghai und der Bezirksregierung von Luwan kam 2010 eine Ausstellung im Rahmen der EXPO im Kulturzentrum des Luwan Bezirkes zustande und viele Ausstellungen werden folgen.

„Wenn Du einen Drachen malst, malst Du seine Haut, es ist schwer seine Knochen zu malen. Wenn du einen Menschen siehst, siehst Du sein Gesicht, aber nicht sein Herz“ sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Friedrich Schiff hat aber die Menschen gemalt und ihnen dabei ins Herz geschaut.