„Wäre ich Chinese, so wäre ich Boxer“ – Arthur von Rosthorn

Diplomat, Friedensaktivist, Sinologe und Freund Chinas

Arthur von Rosthorn wurde 1862 in Wien geboren. Er studierte in England und Deutschland bei berühmten Professoren Sinologie. Dann ergab sich für ihn die Chance, in den chinesischen Zolldienst einzutreten. Er bestand die Aufnahmeprüfung und begab sich 1883 in Venedig aufs Schiff, das ihn nach Kanton brachte. Er versah dann Dienst in Shantou, Shanghai, Hankou, Yichang und Chongqing. Dabei unternahm er auch weite Ausflüge zu Pferd in die Umgebung, sodass er das Land gründlich kennenlernte. Rosthorn sah in den Chinesen ein gastfreundliches liebenswertes Kulturvolk.

Als 1895 Österreich-Ungarn seine für China zuständige Gesandtschaft von Tokyo nach Peking verlegte, wurde Rosthorn Botschaftssekretär und später Botschaftsrat. Er hatte ein tiefes Verständnis für die damalige Situation Chinas, verurteilte das Vorgehen der westlichen Mächte in China und die Interventionen von Missionaren in chinesische Gerichtsverfahren. 1899 gab es in Österreich und China einige Personen, welche auf die Okkupation eines Hafens in der Provinz Zhejiang drängten. Es war Rosthorn, welcher diese Pläne durch seine Berichte an das Außenministerium und Kriegsministerium zunichte machte. Während des Boxeraufstandes war sein Leben wie das anderer ausländischer Diplomaten bedroht. Dennoch verstand er als einziger diplomatischer Vertreter in China die Gefühle des chinesischen Volkes. Öffentlich und schriftlich verkündete er nach Ende des Boxeraufstandes “Wäre ich Chinese, so wäre ich Boxer“. Die Plünderungen und Gräuel unter der chinesischen Zivilbevölkerung nach Ende des Aufstandes verurteilte er schärfstens. 1911 kam Rosthorn als österreichischer Gesandter nach China zurück.

Rosthorn war in China so beliebt, dass man ihn 1917 nach der durch Japan erzwungenen Kriegserklärung am Bahnhof mit einer Musikkapelle und Geschenken führender Persönlichkeiten verabschiedete. Zurück in Österreich machte er sich hinsichtlich der Behandlung Chinas auf der Pariser Friedensvertragskonferenz große Sorgen und arbeitete eine Denkschrift für eine gerechte und gleichberechtigte Behandlung Chinas aus, welche er der amerikanischen Konferenzdelegation übermittelte.

Danach unterrichtete er an der Wiener Universität Sinologie. Gleichzeitig war er Präsident der Österreichischen Friedensgesellschaft, war führend im Verein der Freunde ostasiatischer Kunst und gehörte kurz vor dem 2. Weltkrieg dem Präsidium der damaligen kurzlebigen Österreich-Chinesischen Gesellschaft an. Er setzte sich in Europa ständig für die Interessen Chinas und der chinesischen Kultur ein. Die Chinesische Konfuzius-Gesellschaft verlieh ihm ihre Ehrenmedaille.

Nach Beginn der Naziherrschaft weigerte sich Rosthorn der Universität den Ariernachweis zu erbringen obwohl er kein Jude war, da er dies mit der Menschenwürde für unvereinbar hielt. Er kritisierte, wo er nur konnte, den Nationalsozialismus und erklärte zu seinem 80. Geburtstag öffentlich, er hoffe, dass er dieses “Tausendjährige Reich“ um etliche Jahre überleben werde. Diese und andere Bemerkungen trugen ihm mehrere Vorladungen bei der Geheimen Staatspolizei ein. Außerhalb der Universität, wo er keinen Lehrstuhl mehr besaß, gab er Privatunterricht und widmete sich ansonsten der Verfassung seiner China-Memoiren. 1945 starb er an Nahrungsmangel und Entkräftung. Arthur von Rosthorns zahlreiche Publikationen und seine umfangreichen Lebenserinnerungen bilden bis heute die Grundlage für Arbeiten über Geschichte und Zeitgeschichte. Seine große Menschlichkeit und Freundschaft zum chinesischen Volk haben dazu geführt, dass die Ehrenmedaille für Verdienste um die österreichisch-chinesischen Beziehungen seinen Namen trägt.